Eine Liebesgeschichte

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    Es gibt 5 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Basti Bargeld.

      Eine Liebesgeschichte

      Es begab sich zu der Zeit, als im Cercle Cinéma, unter der Moderation von André Bazin hitzköpfig eine lobpreisende Rezension des Drive-In Filmkritikers Joe Bob Briggs zur neuerlichen, 22-minütigen, von der NRA für das Vormittagsprogramm von FOX in Auftrag gegebene Schnittfassung von Claude Lanzmanns „Shoa“ debattiert wurde.

      Der einhellige Tenor war der, dass man einem Geist wie Briggs, der ein dekadentes Blutgemetzel à la „Teeth“, einem sozialdramatischen Kammerspiel über intuitiven Feminismus bei einer jungen Frau mit mutierenden Dentalproblemen in der Scham, neben, und das nur am Rande bemerkt, unheimlich üppig kultivierte Meisterwerke einer Tamara de Lempicka nebeneinander stellt, nicht in seinem angeknickstem Werturteil trauen könne.

      Mich ließen die ganzen Querelen dieser Eierköpfe jedoch absolut kalt, ohne damals zu ahnen, dass versnobte Kontroverse einen immensen Einfluss auf mein Handeln erlangen sollte, denn an diesem selben Abend, an dem die „Cahier de cinéma“ einen spitzfindigen Beschwerdebrief an Charlton Heston verfasste, welcher mit preisverdächtig diebisch-günstigen Munitionscoupons antwortete, was in einer plötzlichen Begeisterung Godards für den Jagdsport und dem Hobby, missgestaltete Gartenzwerge aus Balsaholz zu schnitzen mündete, verließ ich, besoffen von kultivierten Höhenflügen ein Arthousekino.
      Meine neue Freundin und ich waren im Kino.

      Vom Tripelfeature Alain Resnais, Eric Rohmer und Michael Bay in cineastischer Geborgenheit und unseren gegenseitigen Küssen und Umarmungen gefangen, liebten wir uns nach den Vorstellungen, wie zwei knusprig-krosse Bratthähnchen im Teigspeckmantel.
      Sosehr mir die Erinnerung von Megan Fox hochkam, kam ich zu schnell, was meine Freundin jedoch mit dem augenzwinkernd-charmanten Apercu zu relativieren wusste, sie habe doch noch das mentale Bild des schmierigen Dandys aus „La collectionneuse“ und ihren, wenn ich so freundlich wäre ihr das Päckchen AA-Batterien aus der Nachttischschublade zu reichen, Rampant Rabbit mit Dual-Core Prozessor inklusive einer Vibrationsfrequenz auf Kolibriherzniveau.

      Hach, was wir nicht alles erlebten. Wir besuchten gemeinsam die Eröffnung des Kunstmuseums Brandhorst. Wir störten uns zunächst an der Nichtauffindbarkeit von Cy Twomblys zwölfteiligen „Lepanto“ – Zyklussees. Stattdessen entdeckten wir an den potentiellen Ausstellungswänden nichts weiter als buntfarbige Saucenflecken irgendwelcher Fast-Food-Terroristen, weshalb wir uns umgehend beim Hausmeister ob dieser Vandalen echauffierten. Sobald der Hausmeister mit Lauge und Schaber von dannen zog, um den Dreck an den Museumswenden zu entfernen, machten wir uns an seinem Geräteschuppen zu schaffen, allen voran Schaufel und Rechen, um sie für sexuelle Experimente und eine dringend nötige Spielzeugspende für den ortsansässigen Kindergarten zu missbrauchen. Wir waren ein sozial engagiertes Paar.

      Im Souvenirshop versuchte ich unter den senilen Rentnern, die das Museumsgebäude mit einem Tombolazelt verwechselt hatten, meine Gil Elvgreen-Kalender und meine Allen Jones – Möbel aus meiner ehemaligen Junggesellenbude zu verscherbeln, da ich mir trotz Claires toleranten Mentalität nicht vorstellen konnte, dass sie an farbfrohen Chiffonblusen mit Suffragettenbimbos am Revers und aufblasbaren Plastikfrauen, zweckentfremdet als Tisch- und Stuhlbeine, Gefallen fände.
      Der Zuschlag ging an den neunundachtzigjährigen Carlson vom Dach. Er meinte, die Sammlerstücke würden sich bei ihm daheim im Regal formidabel, neben Barbie und ihren Geschwistern Skipper, Stacie, Kelly und Krissy machen. Der Handel verlief reibungslos, doch ich fragte mich, weshalb Ruth Handler diesen High-Society-Schlampen durch die Bank weck auf betörende Einwegnamen für WIP-Film-Protagonistinnen taufte.

      Wie dem auch sei... kurz nachdem wir uns noch über ein belämmertes Mädchen amüsierten, dass lieber ertrank, als ihren Stecher Brad zu Hilfe zu rufen, kriegte wir uns in einer Imbissstube darüber in die Haare, ob nun die Berliner Marktfrau Herta Heuwer im Jahr 1959 die Currywurst erfand, oder Elvis der Curryking, wurde ihr Antlitz von dampfendem Frittierfett in magisches Licht umwoben, woraufhin ich mich abermals in Claire verliebte und ihr spontan, sozusagen als Liebesschwur, den „Sängers Fluch“ von Ludwig Uhland als Ständchen brachte.
      Zuerst gellte ihr Gelächter schelmisch... fand es fürchterlich entzückend, wie sich kleine, hässliche Nebbiche wie ich, immerzu von den Kaltenberger Ritterturnieren angezogen fühlten, was ich aberschön ignorierte, nachdem ich erfolglos den antiquierten Terminus „Nebbich“ im Wörterbuch nachschlug, denn ihre Worten mochten mich Verachtung strafen, doch ihr Wimpernschlag signalisierte mir in Morsezeichen Rollenspiele mit rasselnden Ketten und Wiederhacken. Endlich würde sie meine sehnsüchtigsten Obsessionen erfüllen... sie als Kartenabreisfrau vom Rummel und ich als Autor von Thrillern mit dem Wort „Slaughter“ auf dem Buchdeckel.

      Als dessen ungeachtet unser Trank und Speis aufgetragen wurde deuchte es mir, da ich bei den Versen, „Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt. Draus statt der gold’nen Lieder ein Blutstrahl hoch aufspringt.“ angekommen war, was bei ihr Würgen und Grünanlaufen provozierte und dem handgestrickten, gregorianischen Gobelin des Imbissbesitzers einem Härtetest mit wiedergekäutem Thunfischsandwich aussetzte, was erklärte, warum ich so lange Jahre nicht von meiner festen Freundin Lara Croft ablassen konnte.
      Mit Kotze aus dem Mund sprießend, sah sie einer 17-jährigen Penny McLean, die gerade einen Schwall Petunien erbricht, nicht unähnlich. Nachdem ich ihr in neuerlicher Ekstase das Blumenbeet aus Gesicht und Ausschnitt geleckt hatte, begaben wir uns mit dem Privatjet ihres wohlhabenden Onkels zu einem romantischen Strandspaziergang an die Côte d’Azur, bis ich bald schon etwas im Sand liegend erspähte, wovor mich die Wahlergebnisse 2004 in Sachsen immer gewarnt hatten: einen Naziopa!

      Alles, was ich bis zum damaligen Zeitpunkt über diese Erfinder von Autobahnen und Schnellentsorgungsanlagen für Menschen wusste war, dass die Nazis so was wie die Raufbolde bei mir auf dem Schulhof waren und die Juden die Butterbrote, die sie Kindern wie mir unter Androhung von Kopfnüssen und Richard Wagner stahlen.
      Von den Gefühlen Neugier, Furcht und dem Druck auf meiner Blase, da ich beim Plantschen versehentlich mehrere Gallonen Meerwasser verschluckt hatte, hin und her gerissen, trapste ich von Wagemut und Leichtsinn geritten, nachdem ich mir in einem Plumpsklo Gonorrhö eingehandelt hatte, mit der gebotenen Vorsicht an den lustigen Alten heran und popelte ihm höflich in das linke Nasenloch seiner Totenkopftätowierung auf seiner Weißbierplauze. Mit der Verve eines tollwütiges Frettchens zuckte sein Glatzenederkopf, unter heftigem Ausschwanken seiner Tränensäcke, der potentiellen Bedrohung, also mir, entgegen und schrie:
      „Guten Tag.“ (ruhig)
      Augenblicklich von Panik und Todesangst erfüllt, preschte ich im Eiltempo den Strand zurück, bibbernd vor Furcht in den Armen meiner Freundin liegend.
      „C... C... C... Claire: Da ist ein Nazi am Strand!“
      „Wo?“, fragte sie etwas zu neugierig und lugte ums Gebüsch, um den Bösewicht ins Auge zu fassen.
      Sie lachte gelassen aus.
      „Der? Ein Nazi? Mach dich nicht lächerlich! Der ist ein handzahmes Pussykätzchen!“ Mit diesem, von weiblicher Launigkeit gepeitschten Unworten löste sie sich ächzend aus meiner klammernden Umarmung, um geradewegs auf den Knacker zuzumarschieren, der mit seiner Infanterie aus Zinnsoldaten gerade den Sturm auf die Normandie, zu Gunsten des dritten Reiches umdichtete, in ihren sicheren Tod.
      In einem plötzlichen Anfall von Heldenmut stöberte ich in meiner Badehose, neben meiner Sammlung historischer Groschenromane über die Chroniken der Adelsfamilie Ludwig und einer Chikee-Hütte, die mir einst ein carlifornischer Ureinwohner im Rausch der Country-Musik von Texas Lightning vermachte, nach meinem Schuriken, den ich für solche Notfälle immerfort bei mir trug.
      Durch die schiere Notwendigkeit meines Handelns schwellte mein Wurfarm zu einem Muskelbrimborium à la Franco Columbu an und ich warf und nur drei Zeitzonen weiter ergatterte ich auf einem Moskauerjahrmarkt beim Wurfsternwerfen eine Mütze aus originalem Nerz und nur drei Tage später, bei unserer Heimkehr, wartete vor meiner Haustür ein wütender Mob aus Greenpeaceaktivisten, was meinen Schamhaarcoiffeur etwas missmutig stimmte, da ich jenes Quartal für keinen Brazilian-Hollywood Cut bezahlte.
      Im Schlamm zusammengekauert heulte ich jämmerlich und malte mir in meiner Fantasie bereits aus, wie sie, meine liebe Claire, kopfüber und enthäutet an einer tropischen Kokospalme hing, wie ich es in so vielen Dokumentationen gesehen hatte, in denen sich Nazis wie humanoide Weltraumechsen verkleideten, um auf hawaiianischen Inselparadiesen den Vietnamkrieg nachzustellen... bis ich die beiden lachen hörte.
      Nicht irgendwie lachend, sondern richtiggehend hysterisch, als hätte ein überambitionierter Fernsehproduzent 22-minütiger Sitcomformate auf ein Open-Air-Happening qua Public-Viewing als Promotion seiner neuen Show mit Danny DeVito und Adriano Celentano in den Hauptrollen gesetzt, indem er ein Glotze, mit der höchstmöglichen Dezibelanzahl ausgestattet, über den Strand vor sich herrollte.
      DeVito gibt den griechischen Philosophen Anaxagoras und Celentano seinen erbitterten Kontrahenten Thales von Milet. In der ersten Episode ist Anaxagoras, seine Argumente auf den Fließen der Akropolis mit einem Moonwalk unterstreichend, darum bemüht Thales von seinem, wie er findet, grundlegendem Missglauben zu befreien: Nicht das Wasser sei der Urstoff aller Dinge, sonder der Geist. Daraufhin meint Thales, dass Anaxagoras, alias DeVito das doch unmöglich wissen könne, da die einzige Flüssigkeit die dieser zu sich nehme zuckerhaltige Softdrinks und Bratensaucen seien. So schließe er zumindest aus Thales Äußerem. Außerdem, so behauptet er, habe er Thales bei den letzten Feierlichkeiten zu Ehren des Partygottes Dyonisos dabei beobachtet, wie er die zu opfernde Ziege durch Empedokles, mit dem Versprechen darauf mit seinem geliebten Element auf Tuchfühlung gehen zu können austauschte, um ihn im Feuer dem Gott zu opfern und selbst das Hufvieh am Grill mit Traubensorbet als Nachspeise zu verputzen. Daraufhin zieht Thales, der vielberedete Gelehrte mit dem Hang zum Pazifismus, mit der Androhung seinen Dolch, er werde eigenhändig an Anaxagoras das neuerliche Handwerk der Taxidermie erproben. Schließlich taucht zum Ende der Folge hin eine aktuell beliebte Prominente auf, um die Zuschauerzahlen anzuheizen. Ich rede von Jennifer Aniston, die als Sklavin aus Thrakien auftritt, um den Störenfried Thales in einen Brunnen voll seines geliebten Wasser und einem Trog fleischfressender Zeugen Jehovas zu werfen, damit sie endlich ungestört eine Bettgeschichte mit Anaxagoras beginnen kann.
      Aber die beiden, Claire und der Nazi, verstanden sich offenkundig prächtig miteinander und als ich mich endlich im Tarnanzug, handgestrickt aus der umgebenden Flora, durch selbstangelegte Schützengräben über den Sand robbend zu ihnen traute, da waren sie im Begriff, sich über die jeweiligen Macken ihrer Haustiere auszutauschen.
      Sie palaverte locker-flockig, der Mummelgreis heiße Siegheil und sei der stolze Besitzer einer Grotte voller, im Inzest lebender, Blindschleichen die, die Futterkammer für seinen Hausozelot bilden. Mit dem Ozelot wurde er im Zuge einer Laune der NS-Doktrinen von einem Moorhuhngeneral der Gestapo zwangsverheiratet. Anfangs sträubte er sich zwar gegen das Praktizieren einer zoophilen Liebe, doch nach dem Freudentaumel der Kristallnacht fand er bald schon Gefallen an Selbstkasteiung, ergo an ihren krallenbewehrten Tatzenhieben.
      Nach diesen privaten Anekdoten wurde mir speiübel.
      Das grenzdebile Fratzenlachen der Grinsekatze imitierend, zerrte ich meine Freundin dezent und mit dem Versprechen, sie nach einem Plausch unter künftigen Eheleuten umgehend wieder zu verleihen, hinter den nächsten, haushohen Rubikswürfel, die damals die gesamte französische Küstenkette ums Ligurische Meer heimsuchten, um mit ihren vaporisierenden Laseraugen verlorengeglaubte Rohschnitte von „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef und „Tarzan“ mit Jonny Weißmüller, im Namen des Vatikanstaates in Staub zu verwandeln, doch das ist eine andere Geschichte.
      In meiner Panik bis aufs Blut gereizt, fragte ich Claire ob sie glaube, dass ich sie als Opfer einer Gaskammer immer noch lieben würde und muss sagen, heute kann ich es nachvollziehen, weshalb sie es in den letzten Atemzügen unserer Beziehung als Frühsport betrieb, Anthrazitkohle in meinen Cabernet Sauvignon und Milch in meine Müslischüssel zu schütten... ich leide unter einer Laktoseintoleranz.
      Damals musterte sie mich minutenlang mit einem Blick, der nach der vorzeitigen Auflösung unserer Beziehung, oder aber nach Mikadostäbchen mit Vanilleeiscreme schrie... die Blicke glichen sich wie ein Ei aufs andere.
      Offenbar erkannte sie in meiner Mimik bereits wie ich mir ausrechnete, ob ich meine Stornierung der Abonnements von Playboy, Hustler und Kim Possible – dem Magazin zur Trickfilmserie, rückgängig machen könne, da gemahnte sie mich schon an ihren stinkreichen Onkel Hugobert zu denken, dem wir diesen spontanen Wochenendtrip zu verdanken hatten. Claires Onkel war eine ominöse Gestalt, von der ich nur wusste, dass er während seiner wilden Jugendjahre, unter einem gewissen Konföderierten namens Henry Sibley, als menschlicher Gleisräumer, unter dem Einfluss der Sedationsmixtur Coke de Rhôme, Prokuristenbier und Möwenschiss zu höchsten Ehren gelangte, bis seine erste Hitsingle „Gatling-Gewehr – Bill und die schallenden Maulschellen“ einen eifersüchtigen Yankee, Onkel Hugoberts erbitterten Gegenspieler, Rauhbein Tonino Dell Tollio aufhorchen ließ der, derweil der Onkel während des Menuetts mit einer keck-schlampigen Comtesse ihr seine Haselgerte zwischen die Schamlippen forcierte, an dem „Philister mit Doppelmoral“, so der Kosename des Onkels, da er weekends als Ministrant in einer katholischen Kirche jobbte, indem er des Pfarrmanns elefantösen Schwellkörper konziliant, bis zum Anschlag, in den Mund nahm, einen fremdbestimmten Harakiri durchzuführen gelangte und hernach sogleich seine inneren Organe mit Gummibärchen garnierte, die sogleich von den punschtrunkenen Kleinkinder des Ballabends vernascht wurden. Seit dieser Fast – Siechbettgeschichte bevorzugt es der Onkel einer Buddle voll Rum seine Sorgen und Nöte zu beichten. Bis die Gewohnheit, von seinen Frühshoptouren mit drei Kutschen nach Hause zurückzukehren... eine für ihn, eine für seinen Hut und eine für seinen Stock, doch etwas arg zu Buche schlug und er deshalb begann einen Medikus zu konsultieren, bei dem einer, wenn man die Augen zukneift, den Kopf schräg hält, mit den Füßen wie ein haxenschlagendes Karnickel flippt und dabei auf der 23. Straße in New York, vor dem Squat Theatre, gegenüber vom Chelsea Hotel steht und sich dort die Hochzeitsuite bestellt, und abends zu den Beats von Dj Disctator das Tanzbein schwingt erkennt, dass der Medikus keiner ist, sondern die Comtesse, in die er einst ein großes Stück hielt und die hernach die Mutter von Claires Mutter wurde, was wohl erklärt, warum Claire Linkshändlerin ist.

      Soviel zur Lebensgeschichte, was mich mathematisch jedoch unschön aus dem Gleichgewicht brachte, da ich bei problematischen Dialogen mit Claire immerfort ihre Sommersprossen zu zählen begann, wobei ich gerade bei 52 angelangt war und ich nun mit dem mentalen Bild ihres Onkels konfrontiert wurde der, als ich ihm die Hand zur Promenade um die Seniorenresidenz bot, wenigstens ebenso viele Leberflecken von seiner Hand auf meinen Alabasterkörper immigrieren ließ, wohingegen ich, als ich mich versehentlich während seiner Dusche für den hervorragenden Knollenblätterpilzsalat bedanken wollte, den er mir zur Vesper hergerichtet hatte, durch das Brachliegen seines Körpers einem spontanen Anfall von Inselbegabung erlag und auf einen Wimpernschlag 253 Leberflecken auf seiner Haut identifizierte. Durch dieses unerwünschte Aufblühen meines autistischen Ichs ging ich zum Hausarzt, der mir den Magen auspumpte.

      ...während ich noch darum bemüht war meinen Geist vor der Einweißung in die Nervenheilanstalt „Arkham Asylum“, mit Doktor Harley Quinn als Elektroschocktherapierende zu bewahren, hob Claire einen Stein vom Boden und fragte mich, was ich mutmaße, womit ihr Onkel so widerlich reich geworden sei.
      Ich zuckte nichtwissend mit den Achseln, denn mein Hirnstübel war einerseits leer, leer wie ein schwarzes Loch und andererseits blockiert, blockiert da ich annahm, sie würde mir zum Dank für meine unqualifizierten Kommentare vorführen, was sie während ihrer Jugend im Apachenland – Kinderzeltlager übers Thomahakwerfen und Skalpieren von Weißhäutigen gelernt hatte. Wohingegen es mir bereits langte, das sie mir, als ich versucht war ihr unerlaubterweise den BH zu öffnen demonstrierte, warum man sie Land auf Land ab die „Erinnye mit Spitzhacke und Stricknadel“ nannte.
      Darüber hinaus: Um Sicherheitslücken eines biometrischen Personalausweises muss ich mir nicht den Kopf zerbrechen, denn sie tat es und Fingerabdrücke hab ich keine mehr, nur ein Mosaik aus blutigen Stichen auf meinen Fingerkuppen.
      Sie fragte mich, ob ich jemals den Roman „Westworld“ gelesen hätte, holte weit aus und warf den Stein mit olympiagoldwürdigen Elan, gen Gesichtsbaracke des Naziopers. Und sosehr ich diesem Kretin auch wünschte, sogar von einem Ytongblock erschlagen zu werden, hätte es meiner Meinung nach selbstverfreilich ausgereicht, ihn an einer Wagenladung Fettuccine und Cantuccini den Zucker- und Cholesterintod sterben zu lassen, aber da flog der Stein schon, durchschnitt pfeifend die Luft, tangierte die Glatzenhaube des Alterwürdigen gekonnt, woraufhin dieser mit pyromanischer Bestialität explodierte, akustisch eine Hommage an das finale Crescendo aus Tschaikowskis Ouvertüre 1812.
      Ich schrie... schrie, als hätte ich gerade erstmalig Faust II gelesen, oder die überarbeitete Neufassung von Star Wars gesehen, bis Claire mich durchschüttelte und dazu aufforderte, mir doch den Nazi anzusehen.
      Ich Schluffi war auf einen blutüberströmten Halsstumpen, aus dem Adern in der gesamten Bandbreite des Farbspektrums, wie von Elektrizität motiviert zuckelten gefasst. Weiter befürchtete ich, einen Günstling Satans mit Gewalt zu begegnen, würde des Herrn der Fliegen Groll nunmehr schüren, bis wir uns im Extremfall einer Personifikation des Pamphlets „Das Judenthum in der Musik“, in Form eines Zwergs namens Mime gegenübersehen müssten.
      Und ich hatte recht, denn es war Strom im Spiel! Der Naziopa war nichts weiter als ein Androide, den die Firma Claires Onkel, die sich dem Erhalt naturbelassener Küstenreservate verschrieben hatte, an strategisch pfiffigen Eckpunkten der Region installierte, um Starlets aus Hollywood und Immobilienanleger zu verscheuchen. Und dieser Steinwurf, so erklärte mir Claire, sei Punkt 151 auf der auszumerzenden Fehlerliste, die sie nun umgehend an das Technikerteam faxe.

      Nun ging mir ein Licht auf: Ihr Onkel war nichts weiter, als ein gegenwärtiger Doktor Frankenstein und der potentielle Nazi nicht mehr, als die Frucht seines sinisteren Treibens.

      Endlos erleichtert wrang ich mein urinsüchtiges Suspensorium aus, verschob das Verfassen meines Testaments um eine weitere Woche und rief meinen Hausarzt an, um in Erfahrung zu bringen, welche Kombination der Psychopharmaka Minosamid, Cerberusipam, Plustusetamol und Phegyasox meine Erinnerungen an dieses grauenhafte Erlebnis austilgen würden. Man schlug mir jedoch vor eine solche Medikation erst anzustreben, wenn ich von meinem momentanen Abhängigkeitsteufelskreislauf von Weckamin, Vicodin mit Erdnussbutter auf Vollkorntoast runter bin.
      Wissen Sie, ich bin von Geburt an ein müßiggängerischer Mensch und um von diesem Esel im Trab herunterzukommen, wurde mir ein Weckamin verschrieben, um meine vitaleren Lebensgeister zu mobilisieren. Das Unterfangen ging allerdings etwas wortwörtlich in die Hose, als bald schon handelsübliche Küchengewürze für mich bestenfalls mediokren Pep hatten, weshalb ich zuerst auf rostige Reißnägel mit French Dressing umsattelte, was unlängst im Umgestalten meines Ichs nach König Ödipus gipfelte, bis mir der Rauswurf aus dem Hotel Mama um Einhalt gebot. Naja, nach meinem Matrizid fiel es mir wenigstens leichter an Gott zu glauben, da meine Mutter nun mindestens zwei Eigenschaften mit dem großen Weltenschöpfer gleich hatte: Sprach- und Gestaltenlosigkeit.
      Aber durch dieses Medikament war ich erstmals in der Lage in dem Maße Freude zu empfinden, wie sie etwa ein Zemmiphobiker beim Detonieren eines Maulwurfhügels empfindet, und deswegen wurde meine Dosis Weckamin nicht etwa heruntergefahren, da ich nach Akte als „suizidgefährdeter Hallodri mit dem mitleideregendem Aussehen eines Bologneserhundes“ eingestuft wurde, sondern das Schmerzmittel Vicodin wurde mir, für schmerzlichen Torturen nach dem Verzehr rasiermesserscharfer Radkappen, ans Herz gelegt. Und seit dem geht’s mir ganz gut.

      Gleichviel: In der untergehenden Abendsonne sah Claire aus... sah sie aus wie die preisgekrönte Sasha Grey und da ich mal wieder auf einem Weckamintripp war und sie fand, dass in dieser romantischen Lumineszenz mein endomorpher Körperbau gar nicht mal so negativ auffalle wie sonst, ließ sie sich dazu breitschlagen, die Liebe, mich beim Sex mit den Nesselfäden der giftigen Quallen, die wir am Strand gefunden hatten, zu traktieren, damit auch ich zu meinem Höhepunkt kam. Sie hatte ja ihren Freund „Rampant Rabbit“...
      Nachdem von ihren Peitschenhieben in einen komatösen Schlaf gewogen, träumte ich von einem flotten Dreier zwischen Sophie Scholl, Cato Bontjes van Beck und Isabella Rossellini, während ich auf dem nebenangestellten Sideboard sitzen und stenographierte, woraus ich hernach die neuerliche Erzähltechnik des Lustschreistroms entwickelte und mein Erstlingsroman „Mrs. Dallo's Three Ways“ Gewinner des Georg-Büchner-Preises wurde, wachte ich mit einem selten erlebten Glücksgefühl auf. Claire hatte mir freundlicherweise ein Glas Wasser mit der Pille Vicodin aufs Nachttischchen gestellt. Als ich die Tablette runterschlang, lavierte sich das tabakfarbene Leitungswasser mit dem krebsroten Blut aus meiner aufgerissenen Lippe zu einem polychromen Farbspektakel, welches Van Gogh alle Ehre gemacht hätte. Im Badezimmer daneben hörte ich ein Surren und Seufzen, was mich an das Getriebsröcheln (!!!) einer BMW-Isetta erinnerte, woraus ich schloss, dass Claire noch nicht geendigt hatte und in diesem melancholischen Seinszustand gefesselt, flanierte ich klammheimlich, vom Vollmond beschienen, barfuss im kalten Sand.
      Und als ich mir so das Sternentor des Äthers besah, geschah zweierlei: Zunächst hatte ich eine spirituelle Erleuchtung. Plötzlich konnte ich es nachempfinden, wie es sein musste, der letzte Mensch auf der Erde zu sein, losgelöst von Konsumgier und abermillionen Grad Celsius während der Sommerferien auf der österreichisch-italienischen Grenze. Aber zugleich hörte ich das Trapsen von nackigen Kinderfüßen auf Kalkstein, was sich bei näheren Umsehen als die Wichshandlung eines Rentners entpuppte.
      Er lag da im Luftkleid auf schneeweißem Sand und rubbelte in WARP-Geschwindigkeit an seinem Kolben. Dieser Anblick erfüllte mich mit Wehmut und Stolz, denn auch ich, so nahm ich mir vor, wollte mir noch im hohen Alter die Freuden des Wichsens erhalten. Meine Stimmung schlug blitzartig um als Claire, ebenfalls nackt am Meerufer erschien, um sich rektal auf den Schwanz des Alten zu setzen. Claire zuckelte mit ihrem honiggoldenem Becken auf der Runzelrute des Alten, gleich einem tollwütigen Rodeoclown auf einem eingemotteten Mustang kurz vor der Zwangseuthanasie, denn obwohl meine Freundin, dass kann ich ihnen mit Brief und Siegel geben, schärfer war, als Johnnie Ray für die Mädels der Adenauerära, kam der Volleunuch mit.. Stumpf und Stiel... einfach nicht. Ich wollte schon eine, das „Horst-Wessel-Marschlied“ spielende Musikkapelle hinbeordern, nur um den Schlaffsack zu motivieren, aber da glitzerte mir bereits, vom Mondlicht beschienen, der Samenschleim überm Beckenknochen des Alten entgegen.
      Zu gerne hätte ich die Beiden mit einem Harpunengewehr durchlöchert, geknebelt und gefesselt, in einen kratzigen Jutesack gestopft, in ein Auditorium gezerrt, in dem sie Igor Stravinskys Feuervogel uraufführen, aber da hatten sich die Leiber von Ariel der Meerhure und Mister Pädophilie bereits schmatzend voneinander getrennt.
      Er blieb schlaf und erschöpft liegen, sie ging in unser gemeinsames Hotelzimmer zurück. Nun gut, ich wusste, dass sich zufolge des Kinsley-Reports junge Frauen tendenziell zu älteren Herrschaften hingezogen fühlen, aber was sollte das?
      Claire wusste ganz genau, dass ich zu allerlei schweinischen Schlafzimmerspielereien bereit war und hätte ich von ihrer Vorliebe von einer Epidermis, die sich um das abgelaufene Verfallsdatum griechischer Tragödiendichter herum orientieren gewusst, so hätte ich sicherlich mit Saufen und Rauchen angefangen, um älter auszusehen als das Iridium aus der Kreide-Tertiär-Grenze, aber so?
      Ich fühlte mich absolut ungerecht behandelt, folglich staute sich in mir eine ungeheure Wut auf und just in diesem Moment der Rage, fiel mir wieder Joe Bob Briggs und seine Schwäche für blutrünstige Filme ein.
      Ich bin gegen Gewalt, aber irgendetwas musste unternommen werden, irgendwie musste Justitia obliegen. Ich hatte nur ein Bild im Kopf: den kettensägenstarrenden Leatherface. Ein Serienkiller und sein Phallus.
      Mein kranker Verstand müsste nur eins und eins zusammenzählen, aber da er mich dazu nicht befähigte, betätigte ich sogleich die Schnellwahltaste meines Handys, um meiner Therapeutin Erwin Summers von meinen Mordfantasien zu berichten.
      Sie meinte, ich solle mich beruhigen, dann zu meiner Freundin gehen, um alles mit ihr auszudiskutieren... ich warf das Handy in die gellenden Fluten.
      Als ich wieder ins Hotel zurückkehrte, hielt ich Claire ein Einmachglas mit einem marinierten, schinkenähnlichen Scheibchen im Inneren vor ihr putziges Stupsnässchen. Sie fragte mich, was das sei. Ich antwortete relaxt: „Nun... die Vorhaut deines Stechers.“